Ergotherapie Kinder

Ergotherapie wird mit Kindern durchgeführt, die in einen oder mehreren Bereichen Entwicklungsverzögerungen zeigen. Das Ziel ist es hierbei, die Kinder in ihrer Entwicklung so zu unterstützen, dass sie ihren Alltag bestmöglich meistern können.
 
Die angewandten Behandlungsverfahren beruhen auf neurologisch-anatomischen, anatomisch-funktionellen, psychosozialen, entwicklungspsychologisch und lerntheoretisch orientierten Grundsätzen und Kenntnissen.

 

Ergotherapie findet Anwendung bei Kindern mit:

  • Schwierigkeiten im Bereich der Fein- und Grobmotorik
  • Entwicklungsverzögerungen
  • Störungen der Sinneswahrnehmung (der sensorischen Integration)
  • Konzentrationsproblemen
  • Aufmerksamkeitsdefiziten
  • Motorischer Unruhe
  • Lernschwierigkeiten
  • ADS /AD(H)S

Behandlungsziele der Ergotherapie sind unter anderem:

  • Verbesserung der grobmotorischen Fähigkeiten (Bewegungsabläufe, Tonusregulation, Koordination)
  • Förderung der Fein- und Grafomotorik
  • Verbesserung der Wahrnehmungsverarbeitung und der funktionalen Wahrnehmungsleistung
  • Verbesserung der Konzentration, der Ausdauer und der kognitiven Fähigkeiten
  • Stärkung der Motivation und der Neugierde
  • Förderung der Selbständigkeit und der alltagsrelevanten Fähigkeiten (z.B. Anziehen)
  • Anleitung der Eltern und anderer Bezugspersonen (z.B. Erzieher, Lehrer)

Am Anfang des Therapieprozesses findet die ergotherapeutische Befunderhebung statt. Gemeinsam mit den Eltern werden daraufhin konkrete Ziele formuliert und der Behandlungsplan aufgestellt.

 

Die Eltern und Bezugspersonen werden eng in den Behandlungsprozess eingebunden und angeleitet, so dass sie ihr Kind bestmöglich im Alltag unterstützen können.


Sensorische Integrationstherapie

Bereits im Mutterleib entwickeln sich unsere Sinnesorgane und beginnen mit der Aufnahme sowie der Verarbeitung von Reizen und der Reaktion auf diese Sinneswahrnehmungen.

 

Es werden zwei übergeordnete Sinnesbereiche unterschieden:

1. Die Körpersinne
(Sie geben Informationen über unseren Körper)

  • Proprizeptives System: Wahrnehmung über Muskeln, Sehen und Gelenke
  • Taktiles System: Wahrnehmung über die Haut
  • Vestibuläres System: Wahrnehmung über das Gleichgewichtssystem
  • Viszerales System: Wahrnehmung über die inneren Organe

 

2. Die Fernsinne
(Sie geben Informationen aus der Umgebung)

  • Olfaktorisches System: Riechen
  • Gustatorisches System: Schmecken
  • Auditives System: Hören
  • Taktiles System: Fühlen
  • Visuelles System: Sehen

Sensorische Integration
Sensorische Integration

Die Sensorische Integration ist ein Teil der normalen Entwicklung und entwickelt sich in einer bestimmten Reihenfolge. Jede Entwicklungsstufe baut auf der anderen auf und verbindet sich mit der vorherigen.

 

Zunächst ist die Eigenwahrnehmung primär wichtig. Der eigene Körper muss gefühlt, ausprobiert und erfahren werden. Dann nimmt die Fremdwahrnehmung eine wichtige Rolle ein, der Körper erfühlt und erobert die Umwelt.

Eine gute sensorische Integration ist dann möglich, wenn Sinneseindrücke angemessen vom Gehirn aufgenommen und interpretiert werden können. Des Weiteren soll eine angemessene Reaktion auf diese Sinnesreize erfolgen.

 


Liegt eine Störung der sensorischen Integration vor, können Sinneseindrücke nicht angemessen verarbeitet werden. So kann es z.B. sein, dass Kinder überempfindlich oder unterempfindlich auf Reize aus den einzelnen Sinnesbereichen reagieren. Da die sensorische Integration die Basis der kindlichen Entwicklung ist, kann eine Störung der sensorischen Integration auch zu Schwierigkeiten in anderen Entwicklungsbereichen (z.B. Grobmotorik, Handmotorik, Sprache, Konzentration) führen.

Hinweise auf eine sensorische Integrationsstörung können u.a. sein:

  • Entwicklungsverzögerungen
  • Gleichgewichtsprobleme
  • Ungeschicklichkeit
  • Motorische Unruhe

 

  • Sprachprobleme/ Kommunikationsprobleme
  • Konzentrationsschwierigkeiten
  • Essstörungen
  • Aggressives Verhalten oder Sozialer Rückzug

 


Im Rahmen der Ergotherapie wird dem Kind die Möglichkeit geboten, die sensorische Integration zu verbessern. So werden dem Kind in einer bewusst gestalteten Umwelt bestimmte Stimuli angeboten (z.B. vestibuläre oder propriozeptive Reize), um die Organisation des Gehirns zu verbessert. Das Kind kann so in der Therapie bestimmte Entwicklungsschritte nachholen.


Grafomotorik

Das gezielte Schreiben von Zahlen und Buchstaben, sowie das Malen verschiedener Formen bezeichnen wir in der Ergotherapie als Grafomotorik.

 

Um gute grafomotorische Fähigkeiten zeigen zu können, benötigen Kinder einige Grundvoraussetzungen:

Grafomotorik
  • eine korrekte Stifthaltung
  • eine gute Stiftführung
  • eine gute Beweglichkeit der Finger
  • eine gute Körperspannung und Körperhaltung
  • eine gute Sitzposition
  • eine adäquate Kraftdosierung beim schreiben oder malen
  • eine gute Augenmuskulatur, die das Geschriebene mit verfolgen kann

 

Schwierigkeiten im Bereich der Grafomotorik können sich wie folgt zeigen:

  • die Stifthaltung ist nicht korrekt oder verkrampft
  • die Schrift ist schlecht lesbar
  • das Kind wird schnell müde beim Schreibenoder Malen
  • die Schreiblinien können nicht eingehalten werden

 

  • das Handgelenk wird von der Unterlage abgehoben
  • der Schreibfluss sehr langsam oder grob unterschiedliche
    Größen der Buchstaben oder Zahlen

Im Rahmen der Ergotherapie wird durch feinmotorische Spiele und handwerkliche Tätigkeiten die Handgeschicklichkeit gefördert. Anhand von gezielten grafomotorischen Übungen werden Schreibfluss, Kraftdosierung und Stifthaltung verbessert, so dass das Schreiben im Alltag besser gelingt.


Reflexhemmungsprogramm nach Sally Goddard

Alle Säuglinge werden mit frühkindlichen Reflexen, bzw. frühkindlichen Reaktionen geboren. Diese Reflexe sichern zu Beginn das Überleben des Kindes. Im Laufe der frühkindlichen Entwicklung werden diese Reflexe nach und nach abgebaut (gehemmt).

 

Wenn die Entwicklung eines Kindes jedoch nicht planmäßig verläuft, können frühkindliche Reaktionen weiter bestehen. Das Fortbestehen dieser Reflexaktivität kann Schwierigkeiten in folgenden Funktionsbereichen zur Folge haben: Grob- und feinmotorische Koordination, sensorische Integration, Kognition, Ausdrucksvermögen und emotionale Entwicklung.

 

Zeigt ein Kind Schwierigkeiten im Bereich der Reflexhemmung, so kann mit Hilfe des Reflexhemmungsprogramms nach Sally Goddard eine dauerhafte Verbesserung erzielt werden. Anhand eines sehr individuellen Förderprogramms werden die noch aktiven frühkindlichen Reaktionen dauerhaft abgebaut. Die jeweiligen Übungen, die ständig wechseln und aufeinander aufbauen, werden mit Mutter und Kind gemeinsam geübt.

 

Über einen Zeitraum von sechs bis neun Monaten müssen diese Übungen täglich einige Minuten lang zu Hause durchgeführt werden. So erhält das Gehirn eine "zweite Chance" die noch aktiven frühkindlichen Reflexe nachträglich abzubauen. Wird die Reflexaktivität durch das Training gehemmt, können sich die körperlichen, lernspezifischen und emotionalen Probleme des Kindes verbessern.

 


Behandlung von ADS/ADHS

Viele Kinder mit AD(H)S haben Schwierigkeiten in der Bewältigung ihres Alltags, die sich wie folgt äußern können:
 
Das Kind...

  • ist zappelig, unruhig, bleibt nicht am Tisch sitzen.
  • ist sehr unkonzentriert und schnell abgelenkt.
  • kann sich schlecht selbst beschäftigen.
  • erledigt keine Aufträge.
  • hat ein langsames Arbeitstempo (Waschen, Anziehen, Hausaufgaben)
  • hat eine schlechte Struktur und Arbeitsorganisation
  • zeigt unangemessenes Verhalten in der Öffentlichkeit
  • geht nicht ins Bett, bzw. hat Ein- oder Durchschlafstörungen

Die Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung (AD(H)S) ist eine der häufigsten psychischen Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter. Aufmerksamkeitsstörungen können mit und ohne Hyperaktivität auftreten. Es handelt sich um eine nachgewiesene neurobiologische Funktionsstörung.

 

Bei Kindern mit AD(H)S liegt eine Reizfilterschwäche vor. Sie nehmen viel zu viele innere und äußere Reize wahr, werden überflutet und tun sich schwer, wichtiges von unwichtigem zu unterscheiden.

 

In der Ergotherapie wird an den Alltagsschwierigkeiten der Kinder angesetzt. Ziele sind hierbei beispielsweise eine verbesserte Aufmerksamkeit sowie eine verbesserte Struktur und Arbeitsorganisation.

 


Konzepte, wie das "Alert-Programm", das "Training mit aufmerksamkeitsgestörten Kindern nach Lauth und Schlottke" und das "Ergotherapeutische Trainingsprogramm bei AD(H)S nach Winter" finden in unserer Praxis Anwendung.


AUDIVA (Hören und Bewegen)

Bei dem AUDIVA Training handelt es sich um ein Hörwahrnehmungstraining der Ergotherapie, das vor 15 Jahren von Ärzten und Therapeuten entwickelt wurde. Hierbei werden Gehör und auditive Wahrnehmung durch eine besondere Darbietung von harmonischer Musik geschult.

 

Diese entwicklungsfördernde Wirkung auf die Nerven und auf das Gehirn basieren auf den Erkenntnissen der Neuropsychologie und Psychoakustik. In verschiedenen Studien konnte die Wirksamkeit nachgewiesen werden.

 

Schwierigkeiten im Bereich der auditiven Wahrnehmungsverarbeitung können folgende Probleme verursachen:

  • Sprach- und Sprechstörungen
  • Sprachverständnisstörungen
  • Rechtschreibschwäche
  • Aufmerksamkeits- und
    Konzentrationsschwierigkeiten
  • Leseschwäche
  • Leichte Ablenkbarkeit
  • mangelnde Aufnahmefähigkeit bei Gesprächen
  • auditive Überempfindlichkeit


Triple-P-Kurzberatung (Positives Erziehungsprogramm)

Das bewährte Erziehungskonzept "Triple P" unterstützt Eltern bei Schwierigkeiten und Fragen in Bezug auf die Erziehung ihrer Kinder und baut auf den Stärken der Familien auf. Die Eltern lernen die Grundregeln der positiven Erziehung kennen und erhalten gut umsetzbare Tipps für den Umgang mit schwierigen Situationen. In umfangreichen Studien konnte die Wirksamkeit dieses Programms nachgewiesen werden.

 

Das Ziel von "Triple P" ist es:

  • die Beziehung zu dem Kind zu stärken
  • angemessenes Verhalten zu fördern
  • mit unangemessenem Verhalten positiv umzugehen
  • schwierigen Situationen vorzubeugen
  • Stress in der Familie zu verringern und
  • Kompetenzen zur Bewältigung von Stress erhöhen.

 

In unserer Praxis bieten wir "Triple P" Kurzberatungen an. Die Kurzberatungen sollen Eltern bei konkreten Fragen zur Entwicklung und Erziehung ihrer Kinder unterstützen. In bis zu vier Beratungssitzungen erhalten sie Hilfe bei der Bewältigung einzelner Erziehungsschwierigkeiten, z.B. bei Problemen mit dem Schlaf-, Ess- oder Hausaufgabenverhalten der Kinder.

 

Auch der angemessene Umgang mit Verhaltensweisen, wie Wutanfälle, oppositionelles Verhalten oder Ungehorsam können thematisiert werden. Durch eine enge Verbindung von Theorie und Praxis wird die Übertragbarkeit in den Alltag gewährleistet und dauerhafte Veränderungen gefördert.


Elternberatung

Ein wichtiger Bestandteil unserer Arbeit mit Kindern ist die Elternarbeit.

 

Wir führen regelmäßig Elterngespräche durch und stehen, sofern die Eltern dies befürworten, in regem Kontakt und Austausch mit Ärzten, anderen Therapeuten (z.B. Physiotherapeuten oder Logopäden) Kindergärten, Schulen oder Frühförderung.

 

Durch regelmäßige Fortbildungen (z.B. Triple-P-Berater, ADS / AD(H)S Elternberater) erwerben wir die notwendige Fachkompetenz für Beratungsgespräche und versuchen, sowohl den Eltern als auch den Kindern eine nachhaltige Hilfe zu sein.

 

Des Weitern erhalten alle Eltern, deren Kinder bei uns in ergotherapeutischer Behandlung sind, eine individuell auf das Kind zugeschnittene Informationsmappe. Das bedeutet, dass die Eltern von uns detaillierte Informationen bezüglich der jeweiligen Förderschwerpunkte ihres Kindes erhalten (z.B. Sensorische Integration, Feinmotorik, Grafomotorik, Konzentration). Des Weiteren bekommen die Eltern auf diesem Wege viele Tipps und Anregungen zur Förderung ihres Kindes im häuslichen Umfeld.